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Die Einladung Wo sind wir? Das Gesetz der Synchronizität

Galduria
Ongoing 971 Words

Das Gesetz der Synchronizität

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Als du durch das Portal trittst, befindest du dich wieder am Tisch des Speisesaals, jedoch in einem endlos erscheinenden hellgrauen Raum ohne Wände, Boden oder Decke. Eine drückende Stille sorgt dafür, dass sich deine Nackenhaare aufstellen, lediglich das leise Echo deiner eigenen Atemzüge ist vernehmbar.

Dann, aus dem Nichts, ertönt eine Stimme -kraftvoll und so klar, als würde sie direkt zu deinem Verstand sprechen: 

"Auserwählter...".

In der Ferne erblickst du eine unscharfe Gestalt, die sich langsam in deine Richtung bewegt. Sie trägt eine Robe, deren Farbe man nicht zu bestimmen vermag. Je näher sie kommt, desto schärfer werden ihre Konturen, aber das von ihr ausgehende gräulichen Flimmern lässt sie mit der Umgebung verschmelzen, so als stünde sie vor dir, ohne dass du ihre wahre Größe oder Entfernung einschätzen könntest. Unter der Kapuze bleibt das Gesicht verborgen, jedoch überkommt dich bei ihrem Anblick das Gefühl, als würdest du diese Kreatur kennen, ein Gefühl von bedingungslosem Vertrauen.

"Du hast dich als würdig erwiesen.", beginnt die Stimme in einem emotionslosen Ton. "Du bist geprüft worden. Nicht nach deinen Fehlern oder deinen Erfolgen, sondern nach deinem Wesen, deinem Mut und deinem Verständnis darüber, wie die Dinge seit jeher ihren Lauf nehmen. Du bist nun Teil eines größeren Ganzen geworden, eines Konflikts, der weit über die Grenzen von Aarrungen hinausgeht. Ein Sturm braut sich zusammen und er bedroht das Gleichgewicht der Sphären, oder -um es in den Worten Sterblicher auszudrücken- das Gleichgewicht von Licht und Dunkelheit, Gut und Böse und auch das der Natur. Noch bist du nicht bereit dich dem Übel zu stellen. Doch wenn deine Zeit gekommen ist das Gleichgewicht zu bewahren, wirst du weise genug sein, zu wissen, was zu erledigen ist.".

"Wer seid ihr?", fragt eine der Gäste, welche du erst jetzt am Tisch bemerkst, als wären sie aus dem Nichts aufgetaucht. Auch die Gestalt scheint sich nun allen -und nicht mehr dir alleine zuzuwenden.

"Das zu beschreiben würde die Grenzen eures Verstandes sprengen. Seht uns als eine höhere Macht, die sich dem Gleichgewicht der Sphären verschrieben hat. Wir sind älter als die Zeit selbst und existieren in vielen Formen."

"Und von welchem Übel sprecht ihr genau? Was erwartet uns?", fragt ein weiterer Anwesender.

"Die Bedrohung des Gleichgewichts geht nicht von einem alleinigen Punkt aus, denn sie kann viele Facetten haben. Dennoch folgt es immer -für den ungeübten Betrachter auf wundersame Weise- den Regeln der Synchronizität.".

"Warum schreitet ihr nicht selbst ein? Wozu braucht ihr uns?", zweifelt ein anderer.

"Unser Kodex verbietet es, direkten Einfluss auf jedwede Sphäre zu nehmen. Dieses Abkommen zu brechen würde bedeuten jeder Wesenheit, jeder Existenz oder Entität dem zu berauben, was ihr als freien Willen versteht.".

Die Pararia-Anhängerin meldet sich zu Wort und stellt eine offensichtliche, wenn auch wichtige Frage: "Warum grade wir?".

"Weil die Ketten des Schicksals an euch genau so ziehen, wie an denjenigen, die das Gleichgewicht stören wollen. Auch ihr seid in gewisser Weise der Synchronizität erlegen, jener unaufhaltsamen Strömung, die alles umhüllt. Ihr jedoch habt den Vorteil, dass ihr als Individuen selbstbestimmt seid. Dieser Vorteil wird euch am Ende den Sieg bescheren, lediglich die dafür notwendigen Opfer stehen noch nicht fest.".

"Und was sollen wir jetzt tun?", wirft jemand ein. 

Noch während die Gestalt spricht, entfernt sie sich von euch und verschwimmt wieder mit dem grauen Hintergrund, aus dem sie gekommen zu sein scheint. Auch ihre Stimme wird langsam leiser und verhallt in der Unendlichkeit des Raums: "Vertraut auf euren Instinkt und die Zeichen, die euch begegnen werden. Wenn die Zeit gekommen ist, werdet ihr wissen, dass ihr bereit seid und dann werdet ihr auch wissen, was zu tun ist.".

Langsam lichtet sich der graue Schleier und du erkennst zunächst wieder die Konturen und Wände, dann aber auch die Einrichtung des Speisesaals. Als du dich umdrehst, um aus dem Fenster herauszuschauen, kannst du wieder die geschwungene Hügellandschaft Aarrungens in ihrer satt grünen Pracht ausmachen.

 Nachdenklich sitzt du da, mit dem erdrückenden Gefühl, inmitten einer großen weiten Welt ganz allein vor einer gewaltigen und schier unüberwindbaren Herausforderung zu stehen -doch trotzdem verspürst du keine Einsamkeit. Eine tiefe und unerklärliche Verbindung zu diesem Ort, zu dieser bestimmten Situation und zu den Seelen, die dich umgeben, existiert tief in dir. Es ist, als wären die Fäden des Schicksals selbst gewoben worden, um dich genau hierher zu führen. In deinem Innersten, trotz aller Ängste und Zweifel, spürst du ein Urvertrauen, dass alles so sein soll, wie es ist. 

ENDE

 

Der verbleibende Abend gestaltet sich für alle Anwesenden nahezu gleich: 
Raimund wirkt nach der Rückkehr fast die gesamte Zeit über nachdenklich, dies aber mit einer inneren Ruhe und einer gewissen Zufriedenheit, was den Helden etwas unbegreiflich ist. Die geplanten Festlichkeiten zur Einweihung der Abenteurergilde möchte er niemandem aufbürden, auch wenn es ob des gemeinsamen Schicksals jeden Grund zum Feiern gäbe. Er versteht, dass ein Jeder erstmal Zeit zum Verarbeiten braucht und lässt daher zwar weiterhin auftischen, verzichtet aber auf angeregte Konversationen oder weitere ausschweifende Reden. Er lädt ein, die Nacht im Anwesen zu verbringen und entweder eins der Zimmer zu beziehen oder im es sich im Gemeinschaftssaal gemütlich zu machen. Betten sind nicht für alle verfügbar, weshalb er für gewünschten Komfort auf das Gasthaus hinweist. Er zieht sich früh zurück, verabschiedet sich aber noch bei jedem der Anwesenden persönlich.

Am nächsten Morgen gibt es für alle gemeinsames Frühstück, auch für die Abenteurer, die in der Taverne übernachtet haben. Raimund erscheint sichtlich verändert: Die anfängliche Euphorie und Überschwänglichkeit des gestrigen Abends scheint verflogen, doch nicht im negativen Sinne. Er wirkt überzeugter von seinem Vorhaben, gefestigter und besonnener, aber auch ernster. Den Helden erläutert er noch einmal die Funktionsweise des Gedächtnissteins und der in Tuch gehüllte Mann bekommt endlich seine ersehnte Chance, diesen auszuprobieren. Es ist verblüffend: Der Stein vermag tatsächlich, jüngste Erinnerungen, inklusive aller Sinne, Emotionen und Gedanken von einer Person auf eine andere zu übertragen.

 

 

 

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